Lektürekreis für Lehrer*innen

»EXPEDITION LESEN«
LEKTÜREN DER GEGENWART
Leitung: Günther Opitz

Aufbruch in die Gegenwart. In die Literatur unserer Zeit. Viel zu oft lässt der Lehrplan zu wenig Zeit für persönliche Leseentdeckungen, viel zu selten bleibt im Austausch mit Kolleg*innen Raum sich jenseits der Unterrichtszwänge als passionierte Leser*in zu begegnen und Bücher rein zu persönlicher Lust und Erkenntnis zu lesen.

Der Lektürekreis für Lehrer*innen soll ein freier Ort für Entdeckungen von Büchern über unsere Gegenwart sein. Welche Geschichten werden von unserem Leben heute erzählt? Wie wird von heute aus Vergangenheit betrachtet, wie in die Zukunft geblickt? Wie wird derzeit beschrieben, wie wir arbeiten, reisen, lieben oder sterben? Es wird um Bücher gehen, die dazu etwas zu sagen haben.

Pro Abend steht ein Buch im Mittelpunkt, das gemeinsam erkundet werden, das jede*r vorher gelesen hat und über das geredet oder auch gestritten werden soll. Einzige Bedingung: mitlesen, mitmachen, mitdenken. Leitung und Auswahl der Bücher übernimmt Günther Opitz, seit mehr als 20 Jahren Lektor, bei S. Fischer, dtv und jetzt am Institut für Zeitgeschichte

KOMMENDE TERMINE:

DI 24.6.25 // 18.30-21.30
HELENE BRACHT »DAS LIEBEN DANACH«

COVER HeleneBracht DasLiebenDanach (Hanser)
Helene Bracht »Das Lieben danach« / 192 Seiten / Euro 22.- / Hanser

Seit ein paar Jahren gewinnt der Essay, diese gedanklich besonders herausfordernde Gattung, eine neue Konjunktur, besonders bei jungen Menschen. Eng an den eigenen Erfahrungen geführt beschäftigen sich die Essay-Reihen der Verlage mit den existentiellen Themen unseres Lebens: Arbeiten, Wohnen, Familie, Altern – aber auch dem Schwerpunktthema unseres Lesejahres, dem Lieben. Ein unserer Meinung nach herausragender Essay soll die Reihe unserer Expeditions-Lektüren beschließen.

Als Helene Bracht zu schreiben beginnt, mit siebzig Jahren, erscheint ihr der Anlass für Ihr Buch verstörend klein und fremd. Ein früher Missbrauch – sie schämt sich fast, von einer so unspektakulären Sache zu erzählen, obwohl er doch ihr ganzes Liebesleben geprägt hat. Helene Bracht berichtet, was Intimität in den verschiedenen Phasen ihres Lebens für sie bedeutet, welches Begehren sie gelebt, wie sie geliebt hat – und warum sie vielleicht heute allein ist. Sehr persönlich, schonungslos und hoch reflektiert schildert Helene Bracht ihren Liebesweg, gespiegelt in Zeitlauf und Zeitgeist der 60er, 70er, 80er Jahre. Gab es all diese Jahre durchziehend so etwas wie ein »Missbrauch-Mindset«?

WEB HeleneBracht (c) PaulaWinkler
Helene Bracht © Paula Winkler

Ein Buch, das von Kapitel zu Kapitel überrascht – aufgrund seiner Offenheit, seiner gedanklichen Präzision, des Maßes der Verletzungen und der erstaunlichen Fähigkeit zur Versöhnung. Ein auch literarisch sehr beeindruckender Essay, gleichermaßen für Frauen wie für Männer. Helene Bracht: Ich wünsche mir, dass mein Text all jenen etwas zu sagen hat, die über Intimität, Vertrauen, Schuld und Macht in der Begegnung zwischen Menschen nachdenken, seien sie alt oder jung, Frauen oder Männer.

HELENE BRACHT wurde 1955 in Nordrhein-Westfalen geboren. Sie studierte Pädagogik und Psychologie, lernte Schauspiel und Theaterregie und arbeitete viele Jahre am Theater. Heute lebt sie als Psychologin mit eigener Praxis in Berlin. »Das Lieben danach« ist ihre erste literarische Veröffentlichung.

VERGANGENE TERMINE:

MI 7.5.25
EIN ABEND MIT ANNEGRET LIEPOLD UND IHREM DEBÜTROMAN »UNTER GRUND« (Blessing Verlag)

DO 16.1.25
ERZÄHLEN VOM BEGEHREN: »SCHWINDEL« VON HENGAMEH YAGHOOBIFARAH

DI 22.10.24
INGEBORG BACHMANN »MALINA«

DO 20.6.24
POINTEN DES LEBENS – SAŠA STANIŠIĆS NEUE ERZÄHLUNGEN

MI 17.4.24
LESEKREIS LYRIK: CHRISTIAN LEHNERT, JAN WAGNER & JUDITH ZANDER

DI 23.1.24
DENIZ UTLU »VATERS MEER« (Suhrkamp Verlag)

DI 17.10.23
EIN ABEND ZU TONI MORRSION MIT TANJA HANDELS, DER ÜBERSETZERIN VON TONI MORRISON

MI 26.4.2023
RAPHAELA EDELBAUER »DIE INKOMMENSURABLEN« (Klett-Cotta)

DO 26.1.2023
THERESA PLEITNER »ÜBER DEN FLUSS« (S. Fischer Verlag)

DO 29.9.2022
SERHIJ ZHADAN »INTERNAT« (Suhrkamp // Aus dem Ukrainischen von Juri Durkot und Sabine Stöhr)

MI 4.5.2022
EDGAR SELGE »HAST DU UNS ENDLICH GEFUNDEN« (Rowohlt Verlag)

»…einen Ort für Entdeckungen. Und eine herzliche Einladung, gemeinsam Bücher zu lesen, über diese zu diskutieren und zu streiten, um besser zu verstehen, wie und was heute gedacht und geschrieben wird.

Ich möchte mit Ihnen Bücher erkunden, auf den Prüfstand stellen, möchte Sie und mich fragen, mit welcher Sprache, mit welcher Perspektive erzählt wird, und um was es im Kern eines Buches wirklich geht. Ein Lesekreis schafft einen Raum zum Austausch, der im Alltag meist fehlt, ermöglicht ein Nachdenken über Themen, die weit über das einzelne Buch hinaus relevant sind – für das private Leben, für den Unterricht.

Günther Opitz cc R. Wirth
Günther Opitz © R. Wirth

Wichtig ist, dass Sie als passionierte Leser*innen Ihre Erfahrungen aktiv einbringen, Freude an der Diskussion haben, Ihre Begeisterung für ein Buch oder auch Ihre Kritik offen formulieren. Mein Ziel ist es, gemeinsam eine genaue, vertiefte Lektüre zu gewinnen, immer den Text selbst vor Augen, als Geschichte, die uns angeht, und als Kunstwerk.

Ich habe in Regensburg Germanistik und Geschichte studiert, arbeite seit mehr als 20 Jahren als Lektor, viele Jahre bei S. Fischer und dtv, heute im Institut für Zeitgeschichte in München – und bin immer und immer wieder davon fasziniert, wie Geschichte verfasst wird und Geschichten geschrieben werden können.«

Günther Opitz über den Lektürekreis