»Aber wo war vorne?
War, wenn sie vor Hermanns Grab stand, vorne der Grabstein?
Oder war vorne andersherum? Dass die Gießkanne in die Welt zeigte und weg vom Grab, weg von Hermann.
Damit auch Gisel: weg von Hermann.
Aufhören mit den Sentimentalitäten. Leuchtete doch ein: weg von Hermann, wenn es für sie weitergehen sollte.
Nein, niemals weg von Hermann.«
Saša Stanišić »Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Giesskanne mit dem Ausguss nach vorne«
Der Vater, der gegen den achtjährigen Sohn im Memory gewinnen will. Die Reinigungskraft, die ihr Leben endlich in die eigenen Hände nimmt. Und der deutsch-bosnische Schriftsteller, der zum ersten Mal nach Helgoland reist – um festzustellen, dass er schon einmal dort war. Saša Stanišić (»Herkunft« // »Vor dem Fest« u.a.) ist »einer der sprachmächtigsten deutschen Schriftsteller« (Denis Scheck) und vielfach ausgezeichnet, unten anderem mit dem Deutschen Buchpreis. In seinen neuen Erzählungen (Luchterhand) widmet er sich den Kreuzwegen in unseren Biografien: Wann und warum hat man sich für diesen Weg, für diese Tür, diese Antwort entschieden? Und warum kann man sein Leben nicht einfach probeleben?
»Dilek weiß noch, wie das Lesen gerochen hat: nach Kinosälen der Großstadt, nach Diskussionen bis spät in die Nacht, nach gleichaltrigen Jugendlichen, nach Faulsein dürfen, nach Musik und Tanz auf einem großen Platz im Sommer. Nach weniger Mücken und nach dem Vater nicht im Nacken, ach.«
Saša Stanišić »Traumnovelle« in »Möchte die Witwe angesprochen werden…«