Di 12.3.24 // 19 Uhr // Saal
Foyer-Bar ab 18 Uhr
Klassiker des Monats

Toni Morrison: Sehr blaue Augen

Ein Abend mit Alice Hasters

Moderation: Laura Freisberg (BR)
Lesung: Isabell Antonia Höckel (Residenztheater)

Zwei kleine Mädchen in einer Kleinstadt in Ohio, es ist das Jahr 1941. Claudia zerstört jede blonde, blauäugige Puppe, die ihr vor die Augen kommt. Ihre Freundin Pecola hingegen will blond und blauäugig sein wie der Kinderstar Shirley Temple. Dieser Traum scheint ein Ausweg zu sein aus der gewaltvollen Welt, in der sie aufwächst. Doch in diesem Jahr wird sich Pecolas Leben auf andere, auf schmerzhafte Weise verändern.

1993 war Toni Morrison (1931–2019) die erste afroamerikanische Frau, die den Literaturnobelpreis erhielt. Ihre visionäre Literatur scheint heute aktueller denn je zu sein, und ist in großartigen Neuübersetzungen wiederzuentdecken. Wir hören die BR-Journalistin Laura Freisberg im Gespräch mit der Autorin Alice Hasters, die das Nachwort zu »Sehr blaue Augen« verfasst hat (Rowohlt // dt. von Tanja Handels).

»Schon vor geraumer Zeit war Pecola zu dem Schluss gekommen, wenn nur ihre Augen anders wären, diese Augen, die die Bilder gespeichert hatten und jeden Anblick kannten – wenn also diese Augen anders wären, genauer gesagt: schön, dann wäre auch sie selbst ganz anders.  Sie hatte gute Zähne, und ihre Nase war zumindest nicht so groß und flach, wie bei manchen, die als ach so niedlich galten. Wenn sie anders aussähe, wenn sie schön wäre, vielleicht wäre dann auch Cholly anders und Mrs. Breedlove ebenfalls. Vielleicht würden sie dann sagen: ›Schaut euch nur Pecola an mit ihren schönen Augen. Vor solch schönen Augen dürfen wir nicht so schlimme Dinge tun.‹«

Toni Morrison »Sehr blaue Augen«

Anschließend // ca. 20.30 Uhr:
»TONI MORRISON – AMERIKAS GEWISSEN« (ARTE-Dokumentation // Frankreich 2020)
Toni Morrisons Roman »Menschenkind«, ausgezeichnet mit dem Pulitzer-Preis, prägte bei seinem Erscheinen 1987 eine ganze Generation: Zum ersten Mal wagte es eine schwarze Autorin, über die Sklaverei als Fundament der US-amerikanischen Gesellschaft zu erzählen. Mit »Menschenkind« rüttelte Toni Morrison ihre Landsleute auf und zwang sie, sich der Gewalt gegen ethnische Minderheiten zu stellen. Die Dokumentation nimmt Toni Morrisons berühmtesten Roman als roten Faden und geht in Gesprächen mit Schriftsteller*innen, Aktivist*innen und Historiker*innen der Frage nach, wie ihr Werk in den USA von heute nachhallt.