22.12.22 - 11.6.23

Ausstellung

Simone de Beauvoir

& Das andere Geschlecht

»Wenn mein Buch den Frauen geholfen hat, dann nur deshalb, weil es ihnen Ausdruck verleiht.«

Simone de Beauvoir

Es ist das Manifest der Gleichberechtigung und ein Meilenstein in der Geschichte unserer modernen Gesellschaft: Das feministische Meisterwerk »Le deuxième sexe« (»Das andere Geschlecht«) aus dem Jahr 1949. Simone de Beauvoir (1908-1986), eine der großen Intellektuellen des 20. Jahrhunderts und Ikone der Frauenbewegung, verfasste es vor mehr als 70 Jahren. Die Ausstellung stellt dieses revolutionäre Werk in den Mittelpunkt, geht seiner Entstehung und seinem geistigen Umfeld nach.

Die Auseinandersetzung mit tabuisierten Themen wie sexuelle Selbstbestimmung oder Abtreibung, aber auch die Forderung nach ökonomischer und intellektueller Unabhängigkeit lösten eine Welle von Kritik und Anfeindungen aus. Simone de Beauvoir stieß Debatten an, die bis heute nicht abgeschlossen sind. »Man kommt nicht als Frau zur Welt, man wird es.« Dieser vielzitierte Leitgedanke wird weiterhin sehr unterschiedlich interpretiert.

»Man kommt nicht als Frau zur Welt, man wird es. Keine biologische, psychische oder ökonomische Bestimmung legt die Gestalt fest, die der weibliche Mensch in der Gesellschaft annimmt.«

Simone de Beauvoir »DAS ANDERE GESCHLECHT«

Dokumente und Fotografien, Kommentare und Exponate beleuchten, inwieweit Simone de Beauvoirs Thesen als Grundlagen der aktuellen feministischen Debatte relevant sind. Ein zentrales Dokument ist der Dokumentarfilm von Alice Schwarzer aus dem Jahr 1973, der anhand von unbekannten Originalaufnahmen ein persönliches Porträt der Philosophin zeigt. Die Ausstellung zeugt von der internationalen Strahlkraft von »Le deuxième sexe« bis in die Gegenwart.

Wie bringt man das berühmteste feministische Buch des 20. Jahrhunderts auf den Punkt? Eine zusätzliche, zentrale Ausstellungsstation nähert sich dem Werk in fünf Themenbereichen. Die Literaturkritikerin und Autorin Iris Radisch entschlüsselt die Ideenvielfalt von »Le deuxième sexe« aus Kulturgeschichte, Soziologie, Philosophie und Biologie anhand ausgewählter Zitate. Die Autorinnen und Wissenschaftlerinnen Julia Korbik, Stefanie Lohaus, Imke Schmincke, Lea Riccarda Prix und Anna-Lisa Dieter hinterfragen und reflektieren die Bedeutung von de Beauvoirs Thesen für unsere Gegenwart.

»WAS IST IHNEN WICHTIG?«
Und unsere MITMACH-WAND lädt unsere Besucher*innen ein, Gedanken und Kommentare zu hinterlassen. Welche Ereignisse der Frauenbewegung sind ihnen wichtig? Die enorme Resonanz auf die Ausstellung ist überwältigend, Stimmen so vielfältig wie spannend. Vielen Dank für das große Interesse!

»Ich lese ›Das andere Geschlecht‹, wenn ich mich daran erinnern will, was der Feminismus schon erreicht hat. Vor allem aber auch: wenn ich mich daran erinnern will, was der Feminismus alles noch nicht erreicht hat und ich Munition und Denkanstöße brauche für mein feministisches Engagement.«

Julia Korbik

»Sie öffnete uns die Tür.«

KATE MILLETT, AMERIKANISCHE SCHRIFTSTELLERIN & FEMINISTIN, 1986

BIOGRAFIE

1908 Simone de Beauvoir wird am 9. Januar in Paris geboren
1913-27 Schulausbildung am katholischen Mädcheninstitut Cours Desir, danach Studium der Philologie, Mathematik und Philosophie
1914 Beginn der engen Freundschaft mit Elisabeth Lacoin, genannt Zaza
1929 Bekanntschaft mit Jean-Paul Sartre und Beginn ihrer lebenslangen Beziehung // Tod von Zaza
1930-43 Tätigkeit als Philosophielehrerin an Gymnasien in Marseille, Rouen und Paris
1930-31 De Beauvoir und Sartre bekennen sich zu einer offenen Beziehung in Unabhängigkeit und Gleichberechtigung
1939-45 Aufenthalt in Paris während der deutschen Besatzung; Bekanntschaften mit zahlreichen Schriftsteller*innen und Künstler*innen
1943 Erster Roman »L’invitée« (»Sie kam und blieb«, dt. 1953)
1949 Veröffentlichung des zweibändigen Werkes »Le deuxième sexe« (»Das andere Geschlecht«, dt. 1951)
1954 Prix Goncourt für den Roman »Les Mandarins« (»Die Mandarins von Paris«, dt. 1954)
1958 »Mémoires d’une jeune fille rangée« (»Memoiren einer Tochter aus gutem Hause«, dt. 1975)
1967 »La femme rompue« (»Eine gebrochene Frau«, dt. 1969)
1970 Gründung der Bewegung Mouvement de Libération des Femmes (MLF), für die sich Simone de Beauvoir als prominente Fürsprecherin engagiert
1971 Unterzeichnung der öffentlichen Erklärung »J᾽ai avorté« (»Ich habe abgetrieben«) im Kampf um ein neues Abtreibungsgesetz in Frankreich
1974 De Beauvoir wird Präsidentin der Partei für Frauenrechte
1980 Tod Jean-Paul Sartres // Adoption der engen Freundin, Schriftstellerin und Philosophin Sylvie Le Bon (geb. 1941)
1986 Simone de Beauvoir stirbt in Paris im Alter von 78 Jahren

Pressestimmen

»Vor allem aber erinnert dieses Münchner Eintauchen in einen Kulttext, dass Emanzipation und Freiheit immer wieder aufs Neue erkämpft werden müssen. Und dass man dem Leben als Frau so gegenübertreten sollte, wie die französische Autorin dem Publikum am Eingang der Ausstellung: wach und fordernd.«

ANNABELLE HIRSCH, FAZ

»Diese Ausstellung ist vor allem eins: eine Einladung zum Dialog mit Simone de Beauvoir, zum Weiterdenken ihrer Thesen und auch zum Weiterkämpfen.«

ANNE FRITSCH, ABENDZEITUNG

»Wie sind de Beauvoirs Thesen genau zu verstehen – und, noch wichtiger, was bedeuten sie für unsere Gegenwart? Jede Menge, lässt sich nach einem Rundgang im Literaturhaus feststellen.«

»Dass die Ausstellung es nicht bei solchen biografischen und werkgeschichtlichen Einordnungen belässt, sondern sich auch an das Hauptwerk »Das andere Geschlecht« in einer Nahaufnahme heranwagt, ist ein Verdienst.«

ANTJE WEBER, SÜDDEUTSCHE ZEITUNG

»Kein Pressebild mit Sartre. Wie wohltuend. … Das findige Kuratoren-Team bricht derlei Erwartungen galant. Und verbeugt sich mit der neuen Schau »Simone de Beauvoir & Das andere Geschlecht« nun bewusst vor der Französin und ihrem Hauptwerk.«

»Was durch Hirn und Herz und Kampfeslust in Gang gesetzt werden kann – diese Ausstellung zeigt’s.«

KATJA KRAFT, MÜNCHNER MERKUR

»Diese Ausstellung ist so wichtig wie wunderbar.«

KATRIN DIEHL, LITERATURSEITEN MÜNCHEN

»Klar haben wir uns weiterentwickelt seit 1949, nicht nur in Frankreich, nicht nur in Europa, sondern global. Aber was wir damals wie heute, ja, uns danach gesehnt haben, ist Freiheit. Die Person zu sein, die ich sein möchte und nicht zu der ich gemacht werde. Und was wäre, wenn Männlichkeit nicht mehr das Maß aller Dinge wäre?«

LAURA FREISBERG & BARBARA STREIDL, PODCAST ›STADT, LAND, KRISE‹

»Man wird nicht als Frau geboren, aber man stirbt daran.«

JOHANNA SCHMELLER, TAZ

»Doch dann lasse ich mich von Simone de Beauvoirs Blicken verführen: Ich werde wieder in ihrem großartigen Werk lesen und die Ausstellung bestimmt noch einige Male besuchen.«

GUNNA WENDT, MÜNCHNER FEUILLETON