Zorn & Zuneigung

Abschluss der Schreibwerkstätten für Gymnasien

Es wäre ganz einfach, wenn man nun sagen könnte, diese Zwölf waren eine sehr homogene und durch und durch sehr aufgeweckte Truppe, starke Stürmer, eine blitzwache Defensive, ein selbstsicherer Torwart, auch die Ersatzbank war fleißig, und wir, das Trainer-Duo, haben uns auf der Bank zurückgelehnt in unseren feinen Sitzen und waren sicher: das Ding läuft rund.

Nein, denn wir sind ja nicht der 1. FC Bayern!
Und Literatur ist nicht Fußball. Dennoch braucht es auch für rundlaufende Texte viel Ausdauer, viel Übung, viel Geduld mit sich selbst, viel Zeit, die man über dem eigenen Text gebeugt verbringt, die Lust zu Lesen und beim Lesen anderer Texte zu lernen, und nicht zuletzt auch (über der fürs Schreiben eher notwendigen dünnen Haut auch) ein dickes Fell: Weil man die Sirenen der Kitschpolizei schon aushalten muss, und dass immer jemand sagt: sag es genauer, worum geht es eigentlich?, das ist schon gut, aber…., oder sogar: hat jemand kapiert, was hier drin steht? Ich nämlich nicht.

Ganz sicher geht es auch auf dem Fußballfeld um »Zorn & Zuneigung«, nur muss man sich auf dem grünen Rasen nicht so sehr zu seinen Gefühlen bekennen, geschweige denn sie reflektieren, um daraus gute Texte zu machen. Aber vielleicht konnte man das schon erwarten bei solch einem Thema, dass all jene, die sich herantrauen, eben auch starke Persönlichkeiten sind, die sich nicht nur leicht tun im Leben, die schöne und schwierige Gefühle kennen, erkennen und wiedergeben können – in sehr eigenen Sätzen.

Eine Schreibwerkstatt ist eine harte Schule. Das heißt, da muss man auch viel aushalten: Das Gefühl des Scheiterns, des Wieder-Aufstehen-Müssens, die Zweifel, die Fragen, die Ungeduld, die Abwehr. Aber alle, die an dieser unserer Werkstatt teilgenommen haben, haben sich selbst beworben. Und wir sind sicher, sie haben gelernt, anders und neu zu lesen, zu denken, zu schreiben, umzuschreiben – und vielleicht sogar zu fühlen. Und sie haben allerlei Großes gefühlt: Die Überraschung, weil in zehn Minuten so fantastische, ganze Geschichten entstehen können; den Erfolg, wenn ein Text nach drei Überarbeitungen ganz anders klang; die Freude über das Lob der anderen; das Glück, die eigene Stimme zu spüren, das Wissen, erzählt zu haben.

Beim Fußball gibt es Tore, die schießt man. Es steht dann Eins zu Null oder Drei zu Drei, und für wen es so steht, weiß man auch. Das ist in der Literatur — zum Verzweifeln oder zum Glück — anders. Es gibt keine Tore, es gibt nicht die eine richtige Geschichte, nicht den perfekten Satz, nicht den besten Protagonisten. Es gibt, was man fühlt, was man erzählen möchte, was man zu schreiben versucht. Es gibt diesen einen, eigenen Weg, und den gilt es zu finden, und es gilt auch zu wissen, dass er einem jederzeit, vielleicht, beim nächsten Satz schon, verloren gehen kann. Es gilt, weiter zu schreiben.

Sie haben weiter geschrieben, jede und jeder seinen eigenen Weg. Kürzere Sätze und direktere Dialoge, weniger Kitsch und mehr Ironie, nicht ausgesprochene Gefühle und Gefühle, die in der Andeutung treffen. Am Ende ging es immer darum, rufen zu können: Tor! Das ist meine Geschichte!

Am Montagabend (17.7.) haben Manuel Binder, Fanny Haimerl, Katharina Hornig, Alina Kordick, Lena Lochner, Alena Punzmann, Emilia Sladek, Ida Steinberger, Josephina Strangfeld, Ida Marie Trieba & Katharina Zielinska ihre Texte präsentiert.

Lena Gorelik & Sandra Hoffmann © Catherina Hess

Es ging darin um nicht weniger als das Leben »seitdem dieses ganze Erwachsenwerden angefangen hat« (Katharina Hornig). Darum, was man so mitbekommt aus der Familie und womit man sich dann eben auseinandersetzen muss, wie es ist, wenn man kein netter und kein mitfühlender Mensch ist, und nur noch ein Hund durch seine Gefühle die Familie retten kann, was passiert, wenn aus Freundschaft Liebe wird; es ging um Mutproben und das Glück geliebt zu werden, darum wie schlimm es ist, vor den Augen der Mutter nicht erfolgreich zu sein, um die Enttäuschung, wenn man nicht so gegengeliebt wird, wie man selbst liebt, um große Gefühle beim Tanzen, um Trennung und was man dabei fühlt, um Familienbande, schlimme Cousinen, Eifersucht und gute Wut, und schließlich auch um »die alten Salatblätter«, die im »Deutschunterricht seit jeher gekaut werden« (Katharina Zielinska).

Es war ein bewegender, ein berührender, ein lustiger und intensiver Abend mit großartigen Lesungen. Unvergesslich. Es war, wie es besser hätte nicht sein können.
Wir sind stolz!
Lena Gorelik &  Sandra Hoffmann

MO 17.7.2017
»ZORN & ZUNEIGUNG«
Abschluss der Schreibwerkstätten für Gymnasien

Ihr Kommentar