Mi 8.12.10 // 19 Uhr // Saal
Tukan-Preis

Verleihung des Tukan-Preises 2010

An Benjamin Stein

Begrüßung: Bürgermeisterin Christine Strobl und Hans Dieter Beck
(Vorsitzender des Tukan-Kreises)
Laudatio: Sigrid Löffler
Musik: Helmut Bieler-Wendt

Die Stadt München verleiht jährlich den Tukan-Preis für die formal und inhaltlich am besten gelungene belletristische Neuerscheinung eines Münchner Autors/einer Münchner Autorin. In diesem Jahr geht der mit 6.000,- Euro dotierte Tukan-Preis an Benjamin Stein für seinen Roman »Die Leinwand« (C.H.Beck).

»Ein Spiegelkabinett mit zwei Eingängen. Ein Buch mit zwei Covern, zwei Anfängen, zwei Ich-Erzählern. Zwei Geschichten, die sich berühren, verschränken, auf dem Höhe bzw. Buchwendepunkt aufeinanderprallen. Die eine Geschichte: Der strenggläubige Amnon Zichroni, aufgewachsen in Israel, hat eine Begabung: Er kann sich in andere so einfühlen, dass er ihre Erinnerungen nachleben kann. Als Psychiater in Zürich ermuntert er den Geigenbauer Minsky, seine Erinnerungen als KZ-Überlebender aufzuschreiben. Die andere Geschichte: Der jüdische Verleger Jan Wechsler bekommt einen Koffer zugestellt, der ihm nicht gehört. Darin ein Buch mit dem Titel »Maskeraden«, geschrieben von einem Journalisten namens Jan Wechsler, der Minskys Erinnerungen als gefälscht entlarvt. Die tiefere Bedeutung der Textur aus zwei miteinander verwobenen Erzählsträngen liegt in der Reflexion über die fragwürdige Verlässlichkeit und die verführerische Macht der Erinnerung und über die Konstruktion und Inszenierung von Identität. Benjamin Steins Roman ist ein strukturell wie sprachlich souverän gestaltetes Vexierspiel, ein beunruhigendes Kreisen um die Frage nach Verdrängung und Verleugnung, Wahrheit und Maskerade. Darüber hinaus gibt Stein differenzierte Einblicke in die Welt des orthodoxen Judentums und setzt sich mit der Frage auseinander, wie eine den Alltag umfassend reglementierende religiöse Überzeugung in einer durch und durch profanen Welt gelebt werden kann. Die Leinwand ist ein spannender, anspielungsreicher und kluger Roman, dessen Lektüre lange nachwirkt.«

Die Begründung der Jury