So 6.4.14 // 11.30 Uhr // Saal
ab 10.30 Uhr kleines Frühstück im Foyer
100 Jahre Erster Weltkrieg
Der Gesang des Todes

Robert Musil: ›Grigia‹

Lesung mit Thomas Loibl

Einführung: Karolina Kühn

Bei Kriegseintritt Italiens am 23. Mai 1915 war Robert Musil in Palai im Fersental stationiert. Die Kämpfe an der Front beobachtete Musil aus der Ferne: »Leben unverändert wie stets (mit Ausnahme der zwei Patrouilletage). Erledigung der Post, Telefongespräche, Kartenspiel.« (1. Juni 1915) Aus seinen Notizen erarbeitete er seine Novelle »Grigia« (1921), die später in dem Erzählungsband »Drei Frauen« erschien. Musil erzählt darin von einem Geologen, der, losgelöst von seiner Familie und seinem bürgerlichen Leben, auf einer Expedition in den Palaier Bergen eine Affäre mit der Bäuerin Grigia beginnt. Sowohl in der Landschaft als auch in der Situation der Losgelöstheit sind Parallelen zu Musils Zeit in Palai zu sehen, auch wenn der Krieg nur noch in subtilen Bildern auftaucht – in Entwürfen von 1918 verband Musil die Grenzerfahrung des Protagonisten jedoch noch mit der Todesbedrohung im Krieg:

»Dann wäre Hauptperson ein Mann, der sich vorher auch oft in Lebensgefahr begeben hat […] Aber immer war ihm das nur ein Sportreiz. Im Krieg ist es die Erweckung. Und nachhause kommt er mit einer nicht mehr einschlafenden Angst vor dem Tode, weil er nicht weiß, wie es ist.«