Comic-Neuerscheinungen behandeln zunehmend Themen, die verschiedenste Wissenschafts-Disziplinen berühren. Nicht von ungefähr, denn Comics können »Bilder für das Unsichtbare« liefern: Wie können Comics innere Prozesse darstellen, wissenschaftliche Zusammenhänge erklären, Erinnerungslücken füllen und Uneindeutiges veranschaulichen? Wie verbinden sich bei ihrer Entstehung Fragestellungen der künstlerischen Arbeit und Aspekte der Wissenschaften im gemeinsamen Bestreben, Unerklärtes zu erforschen und sichtbar zu machen? Diesen Fragen geht das erstmals veranstaltete Symposium »Bilder für das Unsichtbare – Comic-Künstler*innen im Dialog mit den Wissenschaften« nach.
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14 UHR
Videogrußwort Staatsminister Markus Blume
Dr. Elisabeth Donoughue (Ministerialrätin)
Einführung: Jutta Pilgram & Barbara Yelin (Kuratorinnen)
14.30 UHR
COMICS & NATURWISSENSCHAFT
Mit Sophia Martineck, Lukas Jüliger & Alexandra Hamann (mintwissen.com)
Moderation: Christine Knödler
Klimawandel, künstliche Intelligenz, Nanomedizin – Comics können komplizierte Themen illustrieren. Und sie können noch viel mehr. Wissenschaftliche Erkenntnisse gewinnen in der bildlichen Umsetzung an Anschaulichkeit, eingebettet in Narrative wirken sie motivierend und transparent. Geht es dabei um Vereinfachung oder um die Sichtbarmachung von Vielschichtigkeit? Sophia Martineck (»Little People, Big Dreams. Hannah Arendt« // Insel Verlag // zusammen mit María Isabel Sánchez Vegara (Text) // Aus dem Spanischen von Svenja Becker) zeichnet Vermittlungscomics für Medizin und Forschung, Lukas Jüliger (»Unfollow« // REPRODUKT) webt Themen wie Klimawandel und künstliche Intelligenz in Science-Fiction- Szenarien ein. Alexandra Hamann ist Herausgeberin von wissenschaftlichen Sachcomics. Gibt es Themen, die sich für bildliche Erzählformate besonders eignen? Wie weit darf sich der Comic von der Realität entfernen? Und welche spezifischen Eigenschaften hat die Zeichnung in ihrer künstlerischen Individualität?
16 UHR
PAUSE
16.30 UHR
COMICS & PSYCHOLOGIE
Mit Anja Wicki, Markus Färber & Prof. Senta Connert (Akademie der Bildenden Künste München)
Moderation: Jakob Hoffmann
Die Psychologie als empirische Disziplin versucht, Phänomene des menschlichen Erlebens und Verhaltens zu beschreiben. Doch die individuelle Innenperspektive bleibt immer subjektiv, vielschichtig und schwer erfassbar. Für die Erzählung seelischer Zustände wie Trauer und Lebensmüdigkeit oder psychischer Erkrankungen wie Angststörungen und Depression können sequentielle Bilder eine Möglichkeit zum Ausdruck des Inneren finden. Anja Wicki (»In Ordnung« // Edition Moderne) erzählt die Geschichte einer jungen Frau, die mit einer unbenannten psychischen Krankheit lebt. Markus Färber (»Fürchtetal« // Rotopol) hat Bilder zu den Worten seiner Schwester gesetzt, in einem Dialog über das Unbegreifliche, den Freitod des Vaters. Senta Connert ist Kunsttherapeutin und Professorin an der Akademie der Bildenden Künste München. Was kann die Zeichnung veranschaulichen, was anders schwer greifbar ist? Können Bilder eine Sprache sein für das Ungesagte?
18 UHR
PAUSE
18.30 UHR
NEUE IMPULSE: COMICS IN DER DIGITALEN ANWENDUNG
18.30: Johannes Kretzschmar (Universität Jena)
»Augmentierte Comics im Labor«: In der Photonik-Forschung an der Universität
Jena entstehen Experimentalaufbauten mit Augmented-Reality-Comics.
18.55 Uhr: Dr. Paul-Moritz Rabe (NS-Dokumentationszentrum München)
»Serious Games in der Erinnerungskultur«: Im Auftrag des NS-Dokuzentrums wird das Thema Zwangsarbeit als Visual Novel in einem Mobile Game vermittelt.
19.15 UHR
PAUSE
19.30 UHR
COMICS & GESCHICHTSWISSENSCHAFT
Mit Reinhard Kleist, Birgit Weyhe & Dr. phil. Véronique Sina (Goethe-Universität Frankfurt a.M.)
Moderation: Niels Beintker (Bayerischer Rundfunk)
Zeitzeug*innen sind verstummt, Quellen wurden vernichtet, Dokumente zeigen nur die Täter*innenperspektive. In der Geschichtsschreibung gibt es unzählige Leerstellen. Manchmal können Comics diese Leerstellen aufspüren, durch bildliche Nachforschungen neue Zugänge schaffen und bisher Unsichtbares umranden. Die Zeichner*innen Birgit Weyhe (»Rude Girl«, »Madgermans« // avant-verlag) und Reinhard Kleist (u.a. »Der Boxer« // Carlsen) arbeiten beide stark recherchebasiert. Birgit Weyhe erforscht in einem neuen Projekt das Schicksal von Elisabeth Käsemann und Ellen Marx während der argentinischen Militärdiktatur, Reinhard Kleist erkundet vielfältige zeichnerische Zugänge zu Biographien u.a. im Holocaust. Véronique Sina forscht im Bereich der Gender Media Studies, Medienästhetik, Holocaust Studies und Jewish Cultural Studies. Kann grafische Literatur Erinnerungslücken füllen, wenn historische Zeugnisse fehlen? Spürt die zeichnerische Recherche durch ihre spezifische Form sogar neue Fragen auf? Und ist ein Grenzgang zur Fiktion dabei zulässig?
»In meinen eigenen Comicprojekten arbeite ich viel recherchebasiert. Gerade in der Zusammenarbeit mit Expert*innen aus der Wissenschaft ergeben sich immer wieder spannende Berührungen und Fragestellungen, über die Zeichnung selbst, die als Dialogwerkzeug oft sichtbar macht, was bisher unsichtbar oder ungeklärt war. Es gibt enorm viele aktuelle Comic-Neuerscheinungen, die sich inhaltlich und interdisziplinär mit komplexen Themen auseinandersetzen und auf eine besondere Weise in Zeichnung übersetzen. Diese Berührungen und Wechselwirkungen, eine unsichtbare Arbeit, die während der Entstehung der Bücher stattfindet, wollen wir in Bild und Wort beleuchten und diskutieren.«
Co-Kuratorin Barbara Yelin zum Ansatz des Symposiums
»Die Arbeit an Comics ist aufwändiger, als viele Lesende ahnen. Vor dem Zeichnen steht meist eine gründliche Recherche, erst dann geht es ans Storyboard und an die Komposition der einzelnen Panels. Als Journalistin weiß ich, wie wichtig es gerade bei historischen, gesellschaftspolitischen oder – im weitesten Sinne – wissenschaftlichen Stoffen ist, sich gut einzulesen, Quellen zu studieren und Informationen zu überprüfen.«
Co-Kuratorin Jutta Pilgram
MASTERCLASSES
Die das SYMPOSIUM begleitenden Masterclasses mit Markus Färber, Reinhard Kleist & Birgit Weye sind leider bereits AUSGEBUCHT.