BEHIND THE SCENES: Bayerische Akademie des Schreibens

Interview mit Julia Schoch von Roxy Höchsmann

Julia Schoch (© Ulrich Burkhardt)

»It started out so nice.«

Rodriguez

Die Autorin Julia Schoch beginnt ihren Roman »Schöne Seelen und Komplizen« (Piper, 2018) mit diesem Liedzitat von Sixto Rodriguez, dem legendären US-amerikanischen Singer-Songwriter, der ohne sein Wissen vor allem in Australien und Südafrika zum Star avancierte. »Searching for Sugar Man« heißt ein Dokumentarfilm aus dem Jahr 2012, der die Suche zweier Fans nach dem Musiker, seiner Geschichte, nach Legenden und Wahrheiten schildert.

Das Suchen nach Anfängen, nach unentdeckten Geschichten und geheimen Botschaften… all das gibt es auch bei uns: Im SEMINAR FÜR ROMANAUTOREN im Literaturarchiv Sulzbach Rosenberg, das in dieser Woche startet. Julia Schoch wird sich zusammen mit dem Lektor Wilhelm Trapp und den Seminarteilnehmer*innen auf »GROSSE TOUR« begeben.

Bevor es nun am 21.11 mit dem dreiteiligen Romanseminar »Die große Tour« losgeht, haben wir Leiterin Julia Schoch nach ihren Tricks für gutes Anfangen gefragt:

LITERATURHAUS MÜNCHEN: »Searching for Sugar Man« – Ihr begebt euch jetzt auf die Suche nach Romanen, von denen es bislang nur das Versprechen von zehn ersten Seiten gibt. Was macht für Dich einen guten literarischen Text aus? Brauchen auch Prosatexte einen Sound?

JULIA SCHOCH: Ein guter literarischer Text stellt seine eigenen Maßstäbe und Ambitionen deutlich aus und arbeitet sich daran ab. Das heißt, er muss seine Voraussetzungen klarmachen und diese dann im besten Fall erfüllen. Dann wird es ein stimmiger Text. Das heißt, er muss stimmen in Bezug auf sich selbst, auf die vom Autor selbstgewählten Ansprüche. Kein Prosatext kommt ohne Rhythmuseffekte aus. Sie machen ja oft den schwer greifbaren »Sound« aus. Das kann auf vielen Ebenen stattfinden, Figurenrede, Motive, ein bestimmter »Syntax-Tick«… all das kann dazu beitragen, dass ein Text einen ganz eigenen Sound entwickelt.

LH: »it started out so nice« – was nimmst Du Dir vor, damit der Start am Mittwoch »nice« wird? Und wie soll es dann weitergehen?

JS: Ich habe die Texte sehr gründlich gelesen und mir viele Fragen und Anmerkungen notiert. Genauigkeit und Offenheit sind mir für die Gespräche wichtig. Vielleicht gibt es ja auch die ein oder andere Überraschung, das wäre schön. Alles festlegen lässt sich bei solch einem Format ohnehin nicht.

LH: Du selbst hast schon sechs Bücher geschrieben. Wie findet man als Autorin immer neue Anfänge? Gibt es Rituale, Äpfel in der Schreibtischschublade? Was brauchst Du, damit Du weißt, der Stoff trägt, jetzt kann ich schreiben?

© Alke Müller-Wendlandt

JS: Das weiß man nicht immer. Manchmal stirbt einem ein Manuskript ja auch beim Schreiben ab. Das ist ein schrecklicher Moment. Aber auch ein ehrlicher. Paul Valéry hat mal pathetisch geschrieben: Der erste Vers wird einem gnädig von den Göttern geschenkt, danach ist es an uns, weitere zu formen, die ihres »übernatürlichen Ahnen« nicht unwürdig sind. Heißt also: Anfangen kann jeder, danach beginnt die eigentliche Mühe… Der Anfang ist insofern wichtig, als dem Leser schon mit den ersten Sätzen eine Sichtweise eröffnet wird, die den Rest des Buches festlegt. Wenn man die ersten Sätze geschrieben hat, sind sämtliche Optionen dahin, könnte man mit Joan Didion resigniert feststellen. Andererseits ist man zu Beginn auch noch voller Verheißung, es könnte was werden. Diesen Schwung zu halten, den Schreibenden die Zuversicht zu geben, dazu soll das Seminar dienen.

DIE GROSSE TOUR
Romane schreiben. Dreiteiliges Seminar (2018/19)
LEITUNG: Julia Schoch (Schriftstellerin) [&] Dr. Wilhelm Trapp (Lektor, Rowohlt Berlin)
TEIL I: 21.-25.11.2018, im Literaturarchiv Sulzbach-Rosenberg
TEIL II: 1.-5.5.2019, im Literaturhaus München
TEIL III: 2.-6.11.2019, im Literaturhaus München
Die Bayerische Akademie des Schreibens ist eine Kooperation der Stiftung Literaturhaus, mit dem Literaturarchiv Sulzbach- Rosenberg und mit dem Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst.

ROXANA HÖCHSMANN tanzt nun neben ihrem Masterstudium in Komparatistik schon seit 2015 über das Ausstellungsparkett des Literaturhauses (in dem sie von März bis Sept. 2014 auch ein Praktikum machte) und erfreut sich meist an ihren Tanzpartnern, vor allem wenn sie so charmant sind wie Lion Feuchtwanger, Stefan Zweig oder eben Erich Kästner. Mit letzterem wäre sie allerdings gerne einmal auf einen Drink in die berüchtigte Bongo Bar (heute leider geschlossen), für die er ja sogar eine Ehrenkarte besaß.

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