Buchpremiere: Waghalsiger Versuch in der Luft zu kleben

Georg Oswald über Tilman Spengler & sein neues Buch

Zur Premiere von Tilman Spenglers neustem Buch begrüßte Georg Oswald, Leiter des Berlin Verlags, den Autor, dessen Gesprächspartner Sten Nadolny und das Premierenpublikum mit nachfolgender Rede. Es war ein schöner, festlicher und sehr, sehr unterhaltsamer Abend –  ein großer Dank an alle Beteiligten und natürlich an den Berlin Verlag für den schönen Empfang im Anschluss an Lesung und Gespräch!

Sehr verehrte Damen und Herren,

als ich zum Berlin Verlag kam, fertigte ich eine Liste von Autorennamen an, die ich mir dort wünschte, und sehr weit oben auf dieser Liste stand Tilman Spengler. Helle Mächte wirkten, und schon bald saßen wir bei einem Mittagessen im Sale e Tabacci in Berlin und bekundeten beiderseits beste Absichten. Noch aber fehlte ein Buch, um den Pakt zu besiegeln.
Es gibt nicht nur Autoren, die Bücher schreiben, sondern auch solche, die Bücher schreiben könnten, wegen vielfältiger anderer Tätigkeiten aber gerade nicht dazu kommen. Bei wenigen Autoren sind diese anderen Tätigkeiten so prominent und zugleich klandestin wie bei Tilman Spengler. Wie vielleicht trotzdem einige wissen, ist er nicht nur ein begnadeter Redner sondern auch ein begnadeter Redenschreiber.

Aus geheimen Quellen weiß ich, dass er viele Reden zu ganz unterschiedlichen Anlässen und auch für sehr unterschiedliche Abnehmer verfasst. Er ist ein Meister der Figurenrede, die es so aussehen lässt, als treffe der von ihm versorgte Redner seinen ganz persönlichen Ton. Es ist kein Wunder, dass ihn diese Gabe zu einem sehr begehrten Mann macht, und so gibt es Anlässe, zu denen er nicht nur eine Rede schreibt sondern mehrere, so dass sich ganz ungewöhnliche Möglichkeiten der Bezugnahme eröffnen, Replik und Duplik, Attacke und Riposte, Schmeichelei, Werbung, Liebeserklärung. Es müsste sehr reizvoll sein, auf diese Weise einen Roman mit lebenden Figuren zu erschaffen, die alle von ihrem Schicksal nichts ahnen, stattdessen aber von einer Art allerhöchstem Redenschreiber gelenkt werden, der, warum eigentlich nicht, Tilman Spengler hieße.

Aber genug: Wenn Verlagsmenschen einen Autor preisen wollen, reden sie gerne schon von einem nächsten möglichen Buch. Als Autor mag man sich über diese Art des Zuspruchs nicht ungeteilt freuen, weil man denkt: Sei doch erstmal froh über dieses!
Und das bin ich sehr. Denn auch im Waghalsigen Versuch spielt die Rede ja eine Hauptrolle. Jean Pauls „Rede des toten Christus vom Weltengebäude herab, dass kein Gott sei“ nennt Tilman im Roman ausdrücklich als Referenz, und ähnlich wie jener tote Christus durch Jean Paul, spricht Jörg Immendorff durch Tilman Spengler, aber natürlich auch Tilman Spengler durch Jörg Immendorff – anrührend, saukomisch, untröstlich, blitzgescheit und vor allem: in Freundschaft.

Auch Sten Nadolny hat die Gabe der Rede schon einmal zum Gegenstand eines Romans gemacht. Er ist jedoch noch aus mindestens tausend anderen Gründen, zu denen sicher auch die Freundschaft zählt, der bestmögliche Gesprächspartner für Tilman Spengler für den heutigen Abend, bei dem ich Ihnen nun viel Vergnügen wünsche.

MI 30.9.15
»WAGHALSIGER VERSUCH, IN DER LUFT ZU KLEBEN«
BUCHPREMIERE MIT TILMAN SPENGLER & STEN NADOLNY
Waghalsiger Versuch Spengler