Fr 16.9.16 // 20 Uhr // Saal

Nora Webster

Lesung mit Colm Tóibín

Moderation: Julika Griem
Lesung des deutschen Textes: Wiebke Puls

»Während dieser Monate zwischen Herbst und Winter bestand ihr einziges Ziel darin, um der Jungs und vielleicht auch um ihrer selbst willen, die Tränen zurückzuhalten. Jetzt, wo sie sich allmählich daran gewöhnten, dass ihr Vater nicht mehr da war, erschreckte und verwirrte es die Jungs, wenn sie scheinbar grundlos weinte. Ihr ging jetzt auf, dass sie sich mittlerweile so verhielten, als sei alles ganz normal, als ob eigentlich gar nichts fehlte. Sie hatten gelernt, ihre Gefühle zu verbergen. Sie ihrerseits hatte gelernt, Warnsignale zu erkennen, Gedanken, die zu anderen Gedanken führen würden. Sie bemaß ihren Erfolg bei den Jungs danach, inwieweit es ihr gelang, ihre Gefühle unter Kontrolle zu halten.«

COVER Nora Webster
Colm Tóibín »Nora Webster« (Hanser)

Colm Tóibín ist einer der wichtigsten irischen Autoren der Gegenwart. Mit seinem Debüt »Der Süden« (1994) wurde er von der Kritik enthusiastisch gefeiert, mit »Brooklyn« wurde sein letztes Buch höchst erfolgreich verfilmt. In seinem neuen Roman (Hanser Verlag, Deutsch von Giovanni und Ditte Bandini) erzählt Tóibín die Geschichte einer außergewöhnlichen Frau.
Im provinziellen Irland der 60er Jahre muss Nora Webster nach dem frühen Tod ihres Mannes allein zurechtkommen. Jeder kennt jeden in der kleinen Stadt, das macht all die Entscheidungen, die sie nun alleine fällen muss, nicht einfacher. Mit grimmiger Intelligenz sucht sie neue Wege für sich und ihre vier Kinder. Colm Tóibín hat das Porträt einer unabhängigen Frau erschaffen und gleichzeitig das Porträt eines Landes an der Schwelle zu einer neuen Zeit.