Lesung: Xenia Tiling
Moderation: Jan Wilm (Kulturwissenschaftliches Institut Essen)
Es ist das Buch der Stunde: »Asymmetrie« (Hanser Verlag // Deutsch von Stefanie Jacobs). Oft wurde das Romandebüt der jungen New Yorker Autorin, die mittlerweile in Mailand lebt, in die Nähe der Sexismus-Debatte gerückt, doch die Geschichte um einen berühmten Schriftsteller und die junge Studentin ist weit mehr als ein Beitrag zu #MeToo. Sie ist erotisches, tragikomisches Kammerspiel. Doch im nächsten Teil des Buches setzt eine ganz andere Erzählung ein. Ein amerikanisch-irakischer Doktorand auf dem Weg nach Nahost, wird am Londoner Flughafen in Gewahrsam genommen. Und landet im Vakuum von Wartesälen und endlosen Verhören.
Subtil verwebt Lisa Halliday die zwei so ungleichen Geschichten zu einem kühnen, provokanten Roman. Sie schreibt über Machtgefälle, die unsere Welt durchziehen, zwischen Jung und Alt, Glück und Talent, dem Persönlichen und Politischen. Es ist ein »meisterhaft komponierter Debütroman« (Süddeutsche Zeitung)
»Am dritten Sonntag kaufte er bei Mister Softee zwei Hörnchen und bot ihr eins davon an. Alice nahm es, genau wie zuvor die Schokolade, denn es begann schon zu tropfen, und mehrfache Pulitzer-Preisträger hatten ohnehin Besseres zu tun, als Leute zu vergiften.
Sie aßen ihr Eis und beobachteten zwei Tauben, die nach einem Strohhalm pickten. Alice, deren blaue Sandalen farblich genau zu dem Zickzackmuster auf ihrem Kleid passten, streckte träge einen Fuß in der Sonne aus.
›Also gut, Miss Alice. Sind Sie dabei?‹
Sie sah ihn an.
Er sah sie an.
Alice lachte.
›Sind Sie dabei?‹, fragte er noch einmal.
Wieder zu ihrem Hörnchen gewandt, sagte sie: ›Na ja, was spricht schon dagegen?‹«