»Eine Stadt darf Katastrophen und mittelalterliche Zustände durchmachen, sie darf ein Herrschergeschlecht nach dem anderen in ihren Mauern beherbergen, sie darf mit ansehen, wie sich ihre Häuser Stein für Stein verändern, aber sie muss, im richtigen Moment, in neuen Formen, ihre Götter wiederfinden.«
Italo Calvino
5 Jahre ist das Literaturhaus alt. Sehr viel älter ist das Gebäude, in dem es sich befindet. 1887 wurde das Schulgebäude mit Markthalle an die Stadt übergeben. Mit dem Errichten des Schulgebäudes begann der Prozess des Verschwindens des Platzes, der in der Vergangenheit stattliche Dimensionen aufwies.
Literatur als Gedächtnis der Welt, das Literaturhaus als Erinnerungswerkstatt. Die Ausstellung über die wechselvolle Geschichte des Salvatorplatzes bringt vieles zutage, was der heutigen Nutzung des Literaturhauses verwandt ist: In den vergangenen 500 Jahren war der Platz Friedhof und Spielort der Hofoper und des Schauspiels, Ort der Aufklärung und Bildung, Treffpunkt der Romantiker und Stammtisch der Bohéme. Beim Gang durch die Jahrhunderte tauchen um den Salvatorplatz viele berühmte Namen, kuriose und spannende Geschichten auf. Sopran-Kastrat Farinelli gastierte 1728 in der Oper, Gotthold Ephraim Lessing besuchte 1775 eine Aufführung des Schauspielhauses. Die Theatiner bauten eine sagenhafte Bibliothek im früheren Theatinerkloster, der Theatinermönch Don Ferdinand Sterzinger engagierte sich seit 1766 im Kampf gegen den Hexen- und Aberglauben und trug maßgeblich zur Abschaffung der Hexenprozesse in Bayern bei. Ludwig Schwanthaler, der in einem Kapellenanbau zur Salvatorkirche um 1820 sein Atelier hatte, und Franz Graf von Pocci gründeten die Vereinigung »Die Humpenburger«, einen romantischen Ritterbund. Frank Wedekind, Erich Mühsam, Heinrich und Thomas Mann, Stefan George und andere Literaten trafen sich um die Jahrhundertwende im Café Luitpold, das damals zu den schönsten Kaffeehäusern Deutschlands zählte und in den verschwenderisch eingerichteten Räumen Platz für 1 200 Gäste hatte. Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Gegend um den Salvatorplatz stark zerstört, der Platz geriet lange Zeit in Vergessenheit. Erst mit dem Umbau des Schulgebäudes zum Literaturhaus kehrte auch die Urbanität wieder zurück auf den Platz. Ein Stück Wiedergutmachung am genius loci des Platzes und Versöhnung mit den Göttern des Platzes.
»Einem toten Winkel der Münchner Altstadt wurde Leben eingehaucht, eine steinerne Brache mit Schöngeist bepflanzt, als 1997 am Salvatorplatz das Literaturhaus eröffnet wurde«.
Münchner Merkur, 8./9.6.2002
»Erlebbare Stadtgeschichte oder auch Heimatkunde mit Vorher-Nachher-Effekt! Unter Garantie verlässt man diese Ausstellung nämlich mit einem veränderten Blickwinkel«.
Süddeutsche Zeitung, 11.6.2002
»Zum Jubiläum beschenkt das Haus seine Besucher nun mit einer glänzend gemachten Ausstellung, die am Beispiel von Plänen, Veduten, Porträts und vor allem raren Büchern die stadtgeschichtliche Metamorphose des Salvatorplatzes und seines Umfelds nachzeichnet«.