Do 15.2.18 // 19 Uhr // Saal
Munich Security Conference: Das Kassandra-Phänomen

Das Ende der Welt

Boualem Sansal & Jürgen Wertheimer

Boualem Sansal (Algerien), Träger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels, lebt und schreibt im Umfeld des Islam und ist zugleich ein vehementer Kritiker. Wie in seinem Roman »2084. Das Ende der Welt« (Merlin Verlag, aus dem Französischen von Vincent von Wroblewsky)dargestellt, wird er über die Gefahr einer schleichenden Aushöhlung humanitärer Werte sprechen. Ein Prozess, der mit sprachlichen Veränderungen beginnt, und schrittweise zu einer Preisgabe autonomen Denkens und Fühlens führt. Wir hören den Autor im Gespräch mit Jürgen Wertheimer von der Universität Tübingen.

Moderation: Thierry Chervel (perlentaucher.de)

DIE VERANSTALTUNG MUSS LEIDER KRANKHEITSBEDINGT ENTFALLEN.
Veranstalter: Münchner Sicherheitskonferenz // Börsenverein des Deutschen Buchhandels

»Ati hatte sich mit einem Kollegen aus dem Büro angefreundet, ein Mann mit viel Feingefühl, der für ihn ein wertvoller Führer durch das dichte Dickicht des Rathauses gewesen war. Er hieß Koa. Er wusste alles, konnte alles, beherrschte die Kunst, den Leuten genau das zu sagen, was sie hören wollten, und alle schätzten seine Gesellschaft. Man verweigerte ihm nichts. Da die Korruption im Rathaus war, was sie war – eine andere Art zu atmen –, hatte sich Koa ein sicheres Verhalten zugelegt. Er hatte es gelernt, bei Atemstillstand zu leben, ohne scheinbar an Luftmangel zu leiden und ohne sich darüber aufzuregen, dass die Leute um ihn herum sich wie Hunde kratzten und hechelten. Er gab Ati seine Kunst weiter, die ihn sofort von seinem Sodbrennen befreite. ›Es ist alles eine Frage der Atmung‹, sagte ihm Koa, als er sah, wie Ati vor lauter Wohlbehagen lächelte. Sich keine Feinde machen ist leichter, wenn man zu mehreren ist, man kann gegenseitig sein Hinterland sichern. Er sagte: ›Mit den Wölfen muss man heulen oder so tun, meckern ist das Letzte, was man tun soll.‹«
(Boualem Sansal»2084. Das Ende der Welt«)