Sa 18.11.17 // 20.30 Uhr // Saal (Foyer-Bar ab 19.30 Uhr)
Literaturfest München 2017: forum:autoren

Lüge und Fiktion: Hochstapler sind männlich

Arno Frank & Jakob Hein

Ein Familienvater aus Kaiserslautern und ein junger Ostberliner zur Wendezeit haben auf den ersten Blick nicht viel gemein. Dabei eint beide ihr kreatives Verhältnis zur Realität.

Felix Krull, Der talentierte Mr. Ripley, Clark Rockefeller: Ob in der Literatur oder im Leben – Hochstapler sind meist männlich. Vielleicht weil ihr Habitus kaum mit Familie vereinbar ist? Arno Frank hat’s selbst erlebt: Für seine ebenso witzige wie verstörende Roadnovel »So, und jetzt kommst du« (Tropen Verlag) versetzte sich der Mittvierziger in das Kind, das er mal war, und erzählt, wie sein betrügerischer Vater in den 1980er-Jahren mit der fünfköpfigen Familie quer durch Europa floh. Jakob Heins Protagonist Friedrich Bender fängt noch früher mit dem Flunkern an. Er pimpt in »Kaltes Wasser« (Galiani Berlin) seine DDR-Jugend mächtig auf und macht auch später im kapitalistischen Westen einen auf dicke Hose.
Fragt sich nur: Welche der beiden Räuberpistolen ist wahrer?

Moderation: Caro Matzko (freie Journalistin)

Büchertisch: Autorenbuchhandlung
Veranstalter: Literaturfest München // forum:autoren
Eintritt: Euro 12.- / 8.-

»Als meine Mutter zum ersten Mal starb, war ich bei ihr. Sie lag im Flur auf dem Rücken, ein Bein leicht angewinkelt, das andere ausgestreckt. Die rechte Hand neben dem Kopf, die linke an der Hüfte. Ihre Augen geschlossen, als hielte sie ein Nickerchen auf dem Perserteppich. Wobei ich mir dachte, was ein Kind von vielleicht vier Jahren sich bei fast allem denkt, nichts. Oder wenigstens nichts Schlimmes.«
(Arno Frank »So, und jetzt kommst du«)

»Nach dem Biologen Raymond Pearl ist ein Index benannt, der berechnet, wie viele sexuell aktive Frauen im Lauf eines Jahres schwanger werden. Ohne jegliches Verhütungsmittel passiert das fünfundachtzig von hundert Frauen, bei der Kalendermethode neun von hundert Frauen, bei regelmäßiger Einnahme von Ovosiston nur einer Frau von hundert. Diese eine brachte mich am Tag der Republik, dem 7. Oktober 1971, im grünlichen Neonlicht des Kreissaals 2 des Klinikums Kröllwitz der Stadt Halle an der Saal zur Welt. Und nannte mich Friedrich.«
(Jakob Hein »Kaltes Wasser«)