Do 13.11.97 // 20 Uhr // Forum

Die Erfindung der Poesie

Raoul Schrott liest Gedichte aus den ersten viertausend Jahren

Eine sumerische Dichterin namens Enheduanna, arabische Preisgesänge, Marginalien irischer Mönche des 8. Jahrhundert, hebräische Dichtung des 11. Jahrhunderts, die Gedichte des aquitanischen Herzogs Guihelm IX. und vieles mehr in eigenen Übersetzungen präsentiert der Lyriker, Germanist und Herausgeber Raoul Schrott in Form seiner Anthologie »Die Erfindung der Poesie«.

Make it new: das war die Losung, mit der einst, in den Zeiten der heroischen Moderne, Ezra Pound angetreten ist. Damals galt das Neue nicht als eine Domäne von Trendsettern und Trampeln; damals wussten die Dichter noch, dass das Neueste nur aus einem langen Gedächtnis kommen kann. Die Klügeren unter den Heutigen sind der Idiotie der Gleichzeitigkeit müde geworden. Raoul Schrott ist einer von ihnen. Auf eigene Faust hat er eine Entdeckungsreise ersten Ranges unternommen. Viele Dichter werden hier zum ersten Mal auf deutsch vorgestellt. Andere werden aus dem akademischen Brutkasten befreit. Jedes Kapitel bietet außerdem einen einleitenden Essay, eine Probe in den Originalsprachen, ein Glossar und einen Quellenhinweis. Die tausendjährigen Gedichte erscheinen in Schrotts Versionen frisch wie am ersten Tag. Der Staub ist weg. Es ist Zeit für überraschende Entdeckungen.