Do 29.3.07 // 20 Uhr // Saal

Sieben Jahre Ewigkeit. Eine deutsche Liebe

Lesung mit Gisela Heidenreich

Nach dem Tod ihrer Mutter stößt Gisela Heidenreich auf eine Sammlung sorgsam versteckter Liebesbriefe: Zeugnisse eines jahrelangen Briefwechsels mit einem Mann, der Pseudonyme und Deckadressen benutzte. Wer war dieser Mann mit den vielen Identitäten? Welche Rolle spielte er im Leben der Mutter? Welches Geheimnis verbarg sie vor ihrer Tochter? Gisela Heidenreichs Spurensuche nach dem verborgenen Leben ihrer Mutter führt mitten hinein in das Schweigen der fünfziger Jahre und die Schatten der jüngsten Vergangenheit.

1947 ist Gisela Heidenreichs Mutter Edith als Zeugin im Justizgefängnis in Nürnberg interniert. Bitter beklagt sie sich in den Briefen an ihre Familie über die Haftbedingungen – und verliebt sich gleichzeitig in einen faszinierenden Mann. Obwohl selbst als Zeuge inhaftiert, genießt er als Übersetzer und Beauftragter für die Internierten einige Freiheiten, mit denen er sich und Edith die Haft erleichtern kann. Hastig geschriebene Notizen und lange, romantische Briefe gehen von Zelle zu Zelle. Die beiden schwören sich ewige Liebe und schmieden Pläne für ein gemeinsames Leben in Freiheit. Weil dem Geliebten, einem vormals hohen Beamten im Auswärtigen Amt und SS-Offizier die Anklage vor dem Alliierten Militärgericht droht, flieht er über Südtirol nach Rom. Mit neuer Identität lebt er dort und zeitweilig in Südamerika, in seinen Briefen verbirgt er sich hinter mehreren falschen Namen. Edith beginnt ein Doppelleben. Sie trifft sich heimlich mit ihrem Geliebten in Italien, sehnsüchtige und leidenschaftliche Briefe überbrücken die Zeiten der Trennung. Sieben Jahre lang, von 1947 bis 1954, dauert ihre Beziehung, und für beide ist es die große Liebe ihres Lebens.

Gisela Heidenreich erzählt von zwei Menschen, die sich aus ihren Verstrickungen in die NS-Herrschaft nicht lösen konnten und deren Liebe daran zerbricht. Sie erzählt von der Macht politischer Ideologien und von einem verstörenden Widerspruch: Wie können Menschen, die zu großer Liebe fähig sind, zugleich einem mörderischen Regime dienen? So wird aus der privaten Spurensuche nach einem Familiengeheimnis eine Geschichte mit den großen Motiven menschlicher Hoffnungen und Abgründe: Schuld und Sühne, Liebe und Verrat – und ein bewegendes zeitgeschichtliches Dokument.

Zusammen mit ihrem Mann Gert Heidenreich liest sie aus Ihrem Buch, es moderiert Olga Mannheimer.