Mi 23.7.03 // 0 Uhr // Salvatorplatz
Russland erlesen

Gib mir Gift, mein liebes Land

Lyrik, Prosa und Musik aus Russland mit Jelena Fanailowa, Timur Kibirow, Alexej Parschtschikow, Marija Stepanowa

Russland dichtet – versessener denn je! Zeitwende und »kapitalistische Revolution« haben die Lyrik nicht ausbluten lassen, auch für Russland gilt: »Wenn ein Staat ins Gras beisst, singen die Dichter« (Bert Papenfuß). Ort der Literatur sind in Russland heute allerdings die Clubs. Und oft verbündet sie sich mit Musik und Bildender Kunst: der Dichter als Performance-Künstler. Am heutigen Abend präsentieren sich einige der schrägsten und hippsten Dichter Russlands: Jelena Fanailowa, die Lyrikerin aus Woronesch, ist die leidenschaftlich aufmüpfige Stimme aus der heute tonangebendenGeneration der knapp Vierzigjährigen. Timor Kibirow, Dichterstar des späten Moskauer Konzeptualismus, ist ein Sprachökologe, der das Russisch der Sowjetzeit abklopft wie er auch das Weltreich der Poesie in seine Lyrik hereinholt. Alexej Parschtschikow, der heute in Köln lebende Weltbürger aus dem russischen Fernen Osten ist im russischen Dichterkosmos bekannt als »Metametamorphist«. Die Lyrikerin Marija Stepanowa verfügt souverän über Tonfälle und avantgardistischen Techniken des 20. Jahrhunderts und belebte zugleich die Ballade neu. Musik gibt es vom Performance-Künstler Psoi Korolenko, der sich selbst »Bodysinger, Komödiant und Jugendphilologe« nennt und in seinen Liedern zwischen Conceptual Art und Folklore experimentiert. Der Geiger, Maler und Komponist Alexej Aigi tritt mit seinem ENSEMBLE 4’33” auf, dem ersten Ensemble in Russland, das Werke von John Cage, La Monte Young, Toru Takemitsu, Morton Feldman und anderen westlichen Komponisten aufführte und an zahlreichen internationalen Festivals teilgenommen hat.

Musik: Alexej Aigi & Gruppe 4’33’’ und Psoi Korolenko
Moderation und Übersetzung: David Drevs, Hendrik Jackson, Dmitri Kusmin und Rosemarie Tietze

Mit freundlicher Unterstützung der Hahn Produktion im Auftrag des Auswärtigen Amtes