6.7.16 - 25.9.16

Ausstellung

Zitate

Bilder von Wolfgang Herrndorf

»Ob ein Baum, den Corot malte, heute noch steht?«

Wolfgang Hermsdorf

Berühmt geworden ist der Schriftsteller Wolfgang Herrndorf (1965 bis 2013) 2010 mit »Tschick«, seiner fulminanten Roadnovel über die Abenteuerreise zweier ungleicher Jugendliche. Ebenfalls 2010 erfuhr er, dass er unheilbar an einem Hirntumor erkrankt war. In einem digitalen Tagebuch, dem Blog »Arbeit und Struktur«, berichtete er fortan über sein Leben mit der tödlichen Krankheit. Im Sommer 2013 wählte er den Freitod.
Weniger bekannt ist der Maler Wolfgang Herrndorf. Schon 2002 veröffentlichte er seinen Debütroman »In Plüschgewittern« und beendete mit dem Beginn seiner schriftstellerischen Karriere von einem Tag auf den anderen seine durchaus erfolgreiche Arbeit als Maler, Zeichner und Illustrator. Im Zuge dessen vernichtete er einige Exponate aus seinem bildnerischen Werk.

»Mit den letzten Umzugskartons Zeichnungen und Bilder eingetroffen, die Ölbilder fast alle beschädigt von vielen anderen Umzügen und jahrelanger unsachgemäßer Lagerung, Dellen, dicke mit dem Firnis unauflösbar verbundene Dreck- und Staubschichten. Würde ich am liebsten alles wegschmeißen. C. dagegen.«

Wolfgang Herrndorf

Carola Wimmer, Wolfgang Herrndorfs Witwe, und Jens Kloppmann haben für die Münchner Ausstellung von den etwa 600 hinterlassenen Malereien und Zeichnungen 160 Bilder, Zeichnungen und Gouachen zusammengetragen, die den Maler Wolfgang Herrndorf ebenso vorstellen, wie den Satiriker, der für die Titanic und den Tagesspiegel gearbeitet hat, und den Illustrator von Buchumschlägen des Haffmanns Verlages.

»Ich tobe, ich beruhige mich, dann tobe ich wieder, angetrieben und aufgedreht von der immer wieder sofort in Motorik übersetzten Erkenntnis, daß alle in diese Bilder und Zeichnungen gesteckte Energie, daß zehn oder fünfzehn Jahre einsamer Arbeit sinnlos waren. Und daß noch einmal genauso viele Jahre, die ich seitdem – mit vielleicht etwas mehr Erfolg – ins Schreiben investiert habe, am Ende genauso sinnlos gewesen sein werden. (….) Egal. Allein das Bild zeigt jemanden, dem es einmal nicht egal war.«

Wolfgang Herrndorf über sein Selbstporträt

Sowohl als Schriftsteller als auch als Maler war Herrndorf Perfektionist. Er malte bis zur Erschöpfung, feilte an den Details – ganz nach dem Vorbild der Alten Meister. Deren Handwerk war für ihn Maßstab. Die eigenen Bilder entsprachen seinen Erwartungen aber nur selten. Nach seinem Studium arbeitete Herrndorf als Illustrator, stellte aber klar, dass er keinen Wert darauf legt, sich als Künstler zu verwirklichen. Malen und Zeichnen bedeuteten für ihn Arbeit.

»Ich kann sagen, dass ich in meinem Leben nichts getan habe, was ich nicht wollte. […] Illustrationen im Auftrag anzufertigen war ein Grenzfall, […] weil ich schon vor Ende meines Studiums nicht mehr malen wollte. (…) Schreiben wollte ich immer.« (Wolfgang Herrndorf)

Herrndorfs Interesse als Künstler gilt sowohl den großen als auch den vermeintlich niederen Themen der Menschheit. Jens Kloppmann, Kurator der Ausstellung, sieht die Schwierigkeit, bei der Vielfalt der Stile Herrndorfs den Illustrator vom individualistischen Maler zu unterscheiden.

»Wo ist Herrndorf? Ich glaube, Herrndorf ist in der Landschaft. Man muss ein grober Klotz sein, um in den Landschaftsbildern nicht die einzigartige Atmosphäre zu spüren, die sie ausströmen. Da ist es ganz ruhig, kein Wind weht, angehaltene Gegenwart, etwas beklemmend (…) Und wie vom Himmel gefallen wirken die Bilder, genauso die Bücher. Sie blicken uns mit einer Leichtigkeit und einem Selbstverständnis an, dass man die Mühe und die Einsamkeit, die dahinterstecken, allenfalls ahnen kann.«

Jens Kloppmann